Auftaktveranstaltung zum Kennenlernen irakischer und deutscher Schriftstellerinnen - Basra am 12. Dezember 2015

 

 „Ich freue mich, dass Sie alle hier sind und nicht in Deutschland“. Die Begrüßungsworte für die 130 Teilnehmer der Konferenz in Basra kamen zwei Tage nachdem in Deutschland der einmillionste Flüchtling registriert wurde. „Wenn Sie alle nach Deutschland gehen, bin ich zum Schluss noch alleine übrig in diesem Land“, sagte Birgit Svensson vom Felsberg Institut, das seit fünf Jahren im Irak arbeitet und zum Ziel hat, den Menschen zwischen Euphrat und Tigris eine Perspektive aufzuzeigen, damit sie bleiben können. So auch bei dieser Veranstaltung im südirakischen Basra, die unter dem Motto „Writing for Life“ – Schreiben fürs Leben – deutsche und irakische Schriftstellerinnen zusammenbrachte, um sich auszutauschen und neue Projekte zu entwickeln. Ganz im klassischen Sinne des Goethe-Instituts, dessen Direktor für den Irak, Omed Arghandiwal, nach Basra kam und die Veranstaltung unterstützte. Aufgrund der prekären finanziellen Lage im Irak sind die Gelder für Kulturveranstaltungen seitens des irakischen Kulturministeriums rigoros gekürzt worden. Die Veranstaltung im staatlichen Kulturhaus Basra war die erste und einzige internationale Konferenz, die 2015 in Basra abgehalten wurde. Sogar das traditionell jährlich stattfindende Lyrik-Festival „Merbad“ wurde dieses Jahr nicht veranstaltet. Entsprechend engagiert war der Direktor des Kulturhauses, Abdelhak al-Mothafer, für unsere Veranstaltung.  

 

 

Das Engagement Deutschlands für die irakischen Schriftstellerinnen wurde entsprechend gepriesen und gewürdigt, obwohl Kritik seitens der Männer laut wurde, dass nur Frauen auf dem Podium zugelassen waren. Interessant war, dass etwa 60 Prozent der 130 Teilnehmer männlich waren. Man brauche mehr derartige Treffen, forderten vor allem die Frauen aus Basra. Sie hätten sonst wenig Gelegenheit sich auszutauschen. Die sozialen Medien seien mit das einzige, wo sich Männer und Frauen abgleichen könnten. Doch gerade für das Schreiben, für Schriftsteller, sei es wichtig, andere Meinungen und Positionen zu erfahren. Für die Veranstalter der Konferenz war es im Vorfeld schwierig, Zugang zu den Schriftstellerinnen in Basra zu finden. Durch das Buch „Mit den Augen von Inana“, einer Sammlung von Gedichten und Kurzgeschichten irakischer Frauen, war der Kontakt zu Schriftstellerinnen im Irak bereits vorhanden. Sieben Autorinnen aus Bagdad und eine aus Kerbela kamen zu dem Treffen. Allerdings befindet sich unter den Inana-Autorinnen keine Frau aus Basra. Es scheint, als ob nach dem Einmarsch der Briten und Amerikaner und dem Sturz Saddam Husseins 2003, die Frauen in Basra in der Versenkung verschwanden. Dies wurde auch auf der Konferenz bestätigt. Entweder sie schreiben im Sinne der religiös konservativ geprägten Gesellschaft oder sie schreiben unter Pseudonym. Kaum eine wagt den Schritt in die Öffentlichkeit. Entsprechend vorsichtig waren die Redebeiträge der Anwesenden. 

Birgit Svensson, Amal Ibrahim al-Nusairi, Enas al-Bedran, Ulla Lenze, Hana al-Bayyati  and Omed Arghandiwal (v.l.n.r) im Kulturhaus Basra

 

Ursprünglich hatte die Berliner Organisation elbarlament zwei Schriftstellerinnen aus Deutschland eingeladen – Kathrin Schmidt und Ulla Lenze. Infolge der Terroranschläge von Paris und der fortwährenden Terrorwarnungen in Europa sagte Frau Schmidt dann allerdings ihre Reise ab. Ulla Lenze wurde zum Mittelpunkt und zum Ehrengast der Veranstaltung.